Propaganda und Inszenierung
Symbolischer Beginn: erster Spatenstich
Platz vor dem Landesmuseum mit Blick über den Vimaria-Brunnen (Carl-Alexander-Sophien-Brunnen) in Richtung Innenstadt, um 1920
Fotoatelier Louis Held, Inhaber Renno, Weimar, Foto: Louis Held
Beseitigung des Vimaria-Brunnens (Carl-Alexander-Sophien-Brunnen), Entfernung der Figur, 26. Juni 1936
Stadtarchiv Weimar, J/2
Gedenkmarsch aus Anlass der Feierlichkeiten zur »zehnten Wiederkehr des ersten Reichsparteitages der NSDAP« nach der Neugründung in Weimar 1926, vom Karl-Alexander- Platz zum Karlsplatz, 1. Reihe: zweiter von rechts Julius Streicher, links daneben Heinrich Himmler und Wilhelm Frick
Fotoatelier Louis Held, Inhaber Renno, Weimar, Foto: Ella Beyer-Held
Erster Spatenstich für die Parteibauten am Platz Adolf Hitlers, 4. Juli 1936, Ansprache von Adolf Hitler, v. l. n. r. Max Amann, Wilhelm Frick, Fritz Sauckel, Rudolf Heß. Der Schaukasten mit dem Modell des geplanten Gauforums steht am alten Platz des Vimaria-Brunnens (Carl-Alexander-Sophien-Brunnen)
Süddeutsche Zeitung Photo 00091963, Bilderdienst Scherl
Erster Spatenstich durch Fritz Sauckel in Anwesenheit von Adolf Hitler und Rudolf Heß, 4. Juli 1936
Fotoatelier Louis Held, Inhaber Renno, Weimar, Foto: Ella Beyer-Held
Gauleiter Sauckel beim ersten Spatenstich, 4. Juli 1936
Süddeutsche Zeitung Photo 01038531, Foto IMAGO
Abfahrt Hitlers nach dem ersten Spatenstich für die Bauten am Platz Adolf Hitlers, 4. Juli 1936
Stadtarchiv Weimar
Auf dem Rondell des abgebauten Vimaria-Brunnens (Carl-Alexander-Sophien-Brunnen) entstehen die ersten Bauhütten, vor Dezember 1936
Stadtarchiv Weimar, Sammlung Magdlung, Negativ 216, Foto: unbekannt
Die ersten Bauhütten stehen am Museumsplatz, Dezember 1936. Im ehemaligen Landesmuseum nutzte Gauleiter Sauckel seit dem 1. August 1933 einige Räume als Reichsstatthalteramt
Stadtmuseum Weimar, Sammlung Eichhorn, Negativ 600, Foto: Wilhelm Eichhorn
Den Beginn des Baugeschehens am Platz Adolf Hitlers und einzelne Phasen der Bautätigkeit nutzten die Nationalsozialisten zur Inszenierung politischer Großveranstaltungen. Deren ästhetische Ausgestaltung sollte die Machtfülle des Regimes und die bereitwillige Unterordnung des »Volkes« und der politisch-administrativen Amtsträger öffentlich dokumentieren.
Nur wenige Tage nach dem Wettbewerbsentscheid wurde der erste Spatenstich zum Gauforum im Rahmen der sogenannten »Tage von Weimar« zelebriert. Die NS-Führung definierte die Klassikerstadt damit zum Symbolort des politischen Kampfes und Neubeginns der NSDAP in Deutschland. Zentrum der Veranstaltungen war die »10–Jahrfeier des 2. Reichsparteitags der NSDAP« in Weimar (1926). In der Landeskampfbahn (heute: Wimaria-Stadion), im Deutschen Nationaltheater und im Tiefurter Park fanden Großkundgebungen statt. Über die gesamte Stadt verteilte Tribünen und ein Meer aus Hakenkreuzfahnen verwandelten Weimar zur Kulisse des NS-Machtanspruchs. Die Stadtoberen verstanden ihre Stadt als »zweites Nürnberg«.
Herzstück aller Veranstaltungen war der erste Spatenstich für das Gauforum, den Sauckel in Anwesenheit von Hitler und dessen Stellvertreter Rudolf Heß vollzog. Dies geschah an dem Platz vor dem Landesmuseum, wo zuvor der Brunnen mit der Vimaria-Statue, einer Allegorie Weimars, gestanden hatte. Mit dieser Zeremonie war Weimar symbolisch in die Achse der politischen Schlüsselstädte des Dritten Reiches aufgenommen worden. Die Kette Berlin–Nürnberg–München hatte ihr »schließendes und verbindendes« Mittelglied erhalten.
Die Bevölkerung Weimars war bei diesen vom Regime inszenierten Feiern und Ritualen nicht nur passiver Zuschauer oder gar Staffage. Bei »Bier, Wein, Bratwurst, Gesang« (so die Lokalzeitung) fanden die Bürger zueinander, amüsierten sich und zeigten damit ihre Zustimmung zur neuen Zeit. »Volksschädlinge« oder »Gemeinschaftsfremde« waren Ausgrenzungen, Demütigungen und Drangsalen ausgesetzt oder saßen schon seit 1933 als Häftlinge in den Konzentrationslagern Bad Sulza (Thüringen) und Sachsenburg (Sachsen).