Propaganda und Inszenierung
Symbolischer Beginn: erster Spatenstich
Den Beginn des Baugeschehens am Platz Adolf Hitlers und einzelne Phasen der Bautätigkeit nutzten die Nationalsozialisten zur Inszenierung politischer Großveranstaltungen. Deren ästhetische Ausgestaltung sollte die Machtfülle des Regimes und die bereitwillige Unterordnung des »Volkes« und der politisch-administrativen Amtsträger öffentlich dokumentieren.
Nur wenige Tage nach dem Wettbewerbsentscheid wurde der erste Spatenstich zum Gauforum im Rahmen der sogenannten »Tage von Weimar« zelebriert. Die NS-Führung definierte die Klassikerstadt damit zum Symbolort des politischen Kampfes und Neubeginns der NSDAP in Deutschland. Zentrum der Veranstaltungen war die »10–Jahrfeier des 2. Reichsparteitags der NSDAP« in Weimar (1926). In der Landeskampfbahn (heute: Wimaria-Stadion), im Deutschen Nationaltheater und im Tiefurter Park fanden Großkundgebungen statt. Über die gesamte Stadt verteilte Tribünen und ein Meer aus Hakenkreuzfahnen verwandelten Weimar zur Kulisse des NS-Machtanspruchs. Die Stadtoberen verstanden ihre Stadt als »zweites Nürnberg«.
Herzstück aller Veranstaltungen war der erste Spatenstich für das Gauforum, den Sauckel in Anwesenheit von Hitler und dessen Stellvertreter Rudolf Heß vollzog. Dies geschah an dem Platz vor dem Landesmuseum, wo zuvor der Brunnen mit der Vimaria-Statue, einer Allegorie Weimars, gestanden hatte. Mit dieser Zeremonie war Weimar symbolisch in die Achse der politischen Schlüsselstädte des Dritten Reiches aufgenommen worden. Die Kette Berlin–Nürnberg–München hatte ihr »schließendes und verbindendes« Mittelglied erhalten.
Die Bevölkerung Weimars war bei diesen vom Regime inszenierten Feiern und Ritualen nicht nur passiver Zuschauer oder gar Staffage. Bei »Bier, Wein, Bratwurst, Gesang« (so die Lokalzeitung) fanden die Bürger zueinander, amüsierten sich und zeigten damit ihre Zustimmung zur neuen Zeit. »Volksschädlinge« oder »Gemeinschaftsfremde« waren Ausgrenzungen, Demütigungen und Drangsalen ausgesetzt oder saßen schon seit 1933 als Häftlinge in den Konzentrationslagern Bad Sulza (Thüringen) und Sachsenburg (Sachsen).