Eine Großbaustelle inmitten der Stadt
Machtarchitektur – Halle und Turm
»Halle der Volksgemeinschaft«, im Vordergrund die Baustelle für das »Gebäude des Reichsstatthalters und der Gauleitung«, 30. Juli 1939
Stadtmuseum Weimar, Sammlung Eichhorn, Negativ 565, Foto: Wilhelm Eichhorn
Durchblick von der »Halle der Volksgemeinschaft« zum »Haus der Gliederungen der NSDAP«, August 1939
LATh-HStA Weimar, Nachlass Hermann Giesler, Album 1939, Bl. 24
Die ersten drei eingerüsteten Binder der »Halle der Volksgemeinschaft«, März 1939
LATh-HStA Weimar, Nachlass Hermann Giesler, Album 1939, Bl. 19
Blick vom Hallendach auf das »Gebäude der Gliederungen der NSDAP«, im Hintergrund der Ettersberg mit dem KZ Buchenwald, August 1939
LATh-HStA Weimar, Nachlass Hermann Giesler, Album 1939, Bl. 47
»Halle der Volksgemeinschaft«, Leichtbetonplatten zwischen Fachwerkträger und Längsträger, 1939
LATh-HStA Weimar, Nachlass Hermann Giesler, Album 1939, Bl. 28
Grundriss der »Halle der Volksgemeinschaft«, Parkettgeschoss
Karina Loos, »Die Inszenierung der Stadt«, Dissertation, Weimar 1999, S. 505 (online-Ausgabe); Bd. 2, S. 9, Abb. 38 (gedruckte Ausgabe)
Letzter Besuch Adolf Hitlers auf der Baustelle, 21. Juli 1940
LATh-HStA Weimar, Nachlass Hermann Giesler, Album Karton 1, Mappe 3, Foto 3
»Halle der Volksgemeinschaft«, Gipsmodell für die innere Verkleidung im Rohbau der Halle, 1942
Südwestdeutsches Archiv für Architektur und Ingenieurbau, Nachlass Fritz Leonhardt
Hermann Giesler übergab im Sommer 1942 den Turm als Holzmodell an Fritz Sauckel, dieses Bild zeigt den letzten bekannten Planungsstand des Glockenturms
Michael Früchtel, Der Architekt Hermann Giesler. Leben und Werk (1898–1987), Edition Altavilla 2008, S. 85
Mitteilung der Thüringer Gauzeitung vom 28. Oktober 1939 zur Grundsteinlegung am Turm des Gebäudes für den Reichsstatthalter und die Gauleitung.
LATh-HStA Weimar
Blick in das Turminnere während der Bauarbeiten
LATh-HStA Weimar, Nachlass Hermann Giesler, Album 1940, Bl. 11
Bau des »Glockenturmes« an der Nord-West-Ecke des »Gebäudes des Reichsstatthalters und der Gauleitung«, 1940
Bildquelle unbekannt
Hitler entschied sich im Juni 1936 für Hermann Giesler als leitendem Architekten für die Ausführungsplanung des Gauforums. Daher lud er ihn zu einer persönlichen Unterredung in die Reichskanzlei nach Berlin ein. Dabei nahm Hitler am Entwurf des Architekten zwei größere Änderungen vor: Er wünschte die Integration eines Turmes in die Anlage, außerdem forderte er, den Haupteingang des »Reichsstatthaltergebäudes« durch einen repräsentativen Risalit zu akzentuieren.
Mit einer Höhe von 63 Metern war der Turm als alles beherrschende Dominante der Stadt geplant. Seine Glocken sollten die Bürger zu Aufmärschen und Parteifesten in die Halle rufen. Zusätzlich betonte er das »Reichsstatthaltergebäude« – und war zudem als Kultstätte vorgesehen. Ins Innere ist ein Oktogon mit außen laufender Treppe eingestellt, die sich nach Innen mit Rundbögen öffnet. Die ästhetische Gesamterscheinung der Turm- und Treppenanlage erinnert entfernt an den Dom in Aachen.
Die »Halle der Volksgemeinschaft« folgte äußerlich den inzwischen üblichen stilistischen Konventionen, und damit auch den Anmutungen nationalsozialistischer Repräsentations- und Verwaltungsbauten. Eine bautechnische Sensation verbarg sich im Inneren. Das statische System der Halle wurde 1939 vom Leiter des Konstruktionsbüros der Dyckerhoff & Widmann AG, dem Bauingenieur Ulrich Finsterwalder, entwickelt. Die »Stahlbetonfachwerkträger mit Vorspannung durch Eigengewicht« stellten eine innovative Weiterentwicklung des Spannbetonbaus dar und fanden nach dem Krieg auch international Anerkennung.
Der Bau des Gauforums wurde auch im Rahmen der Kriegspropaganda instrumentalisiert. Im Oktober 1939 initiierte Gauleiter Sauckel zu seinem 45. Geburtstag einen Festakt, die sogenannte »Schlußsteinlegung«. Dazu wurde in das Fundament des Turmes eine Kupferplatte eingelassen. Darauf wurde der Überfall auf Polen (ab dem 1. September 1939) zum glorreichen Feldzug stilisiert. Der Turm solle das »Siegesfanal deutscher Volks- und Schicksalsgemeinschaft« sein und Zeugnis geben »von der Unvergänglichkeit des deutschen Volkes«.