Nachdem 1930 mit Wilhelm Frick und Willy Marschler zwei Nationalsozialisten Regierungsverantwortung übernommen hatten, brachte die Thüringer Landtagswahl im Juli 1932 Gauleiter Sauckel an die Spitze einer neuen Regierung. Sauckel, durchsetzungswillig und organisatorisch begabt, veränderte in wenigen Monaten das Gesicht Thüringens und gestaltete das Land zum »Muster-« und »Trutzgau« um. Der diktatorische Politikstil der neuen Machthaber, die zunehmende Kontrolle und Ausgrenzung sogenannter »Gemeinschaftsfremder« (z. B. Sozialisten, Juden, »Nichtdeutsche«, »Fremde«) und das öffentliche Verstummen jeder Opposition trafen in der Bevölkerungsmehrheit auf große Zustimmung und eine wachsende Anpassungsbereitschaft.
Thüringen profilierte sich kulturpolitisch (Woche des deutschen Buches 1934–1942, Großdeutsche Dichtertage 1938–1942, Weimar-Tage deutscher Dichter 1942–1944), wirtschaftlich (Gustloff-Werke) und terroristisch (KZ Buchenwald, ab 1937) als NS-Musterland. Weimar als Gauhauptstadt avancierte zum beliebten Aufmarschplatz wichtiger NS-Formationen und sollte auch stadtplanerisch zum sichtbaren Zentrum von Sauckels Macht umgestaltet werden. Dabei wurde das kulturelle Erbe der Klassikerstadt – nicht ohne Verschulden seiner bürgerlichen Verehrer – ins kultur- und gesellschaftspolitische Kalkül der Nationalsozialisten integriert. Nach Kriegsbeginn, deutlicher jedoch nach der militärischen Wende bei Stalingrad (1942/43), nahm das unmittelbare Interesse der Machthaber an Weimars Kultur langsam ab. Doch deren städtische Repräsentanten verhielten sich bis Kriegsende fast ausnahmslos konform und regimetreu.