Gesellschaftliche Transformation und architektonischer Wandel
Die Halle – Ein Ort für Kultur?
Die Debatten um den Umgang mit dem Gauforum, und damit der Geschichte Weimars zwischen 1933 und 1945, erfuhren wichtige Impulse durch die Wissenschaft. Die Bauhaus-Universität veranstaltete zwischen 1991 und 1999 mehrere Kolloquien zum Thema »Architektur und Faschismus« und zum Umgang mit dem Erbe des Weimarer Gauforums. Als Ergebnis des Forschungsprojekts zur Bau- und Rezeptionsgeschichte des Gauforums (1998/1999) konnte im Juni 1999 eine erste Dauerausstellung zur Geschichte des Ortes eingerichtet werden.
Ein Projekt der Stiftung Weimarer Klassik (heute: Klassik Stiftung Weimar) erforschte 1995 bis 1998 die Instrumentalisierung des lokalen und regionalen Kulturerbes im Kontext völkischer und nationalsozialistischer Strömungen. Ergebnisse dieser Forschungen flossen 1999 in die Ausstellung »Wege nach Weimar« ein, die die Bemühungen der »Kulturstadt Europas« um die »Einheit von Kunst und Politik« zwischen 1918 und den 1950er Jahren rekonstruierte.
Ungewollt zum Skandal geriet die Exposition »Aufstieg und Fall der Moderne« (1999), die neue Einblicke in die Kunstpolitik Hitlers und in die Kunstproduktion der DDR bieten wollte. Die räumliche Nachbarschaft und die Art der Präsentation von Kunstwerken aus zwei höchst unterschiedlichen Systemen provozierte einzelne Künstler, so manchen Kritiker, vor allem aber zahlreiche Besucher. Erstaunen, Erregung, ja Wut brachen sich Bahn. Deutlich wurde, dass weniger die Qualität von Kunstwerken zur Debatte stand, sondern vielmehr die Bewertung gelebten Lebens in der DDR, individuelle Transformationserfahrungen und das Verhältnis von »West« und »Ost«.
Insofern wirkt es befremdlich, dass das persönliche Engagement Udo Lindenbergs, hier eine Bildungs- und Begegnungsstätte »Bunte Republik Deutschland« zu installieren, fehlschlug. Auftakt war sein Auftritt mit der Exilanten-Revue »Atlantic Affairs« im Rahmen des »Kunstfestes Weimar«. Dieses Sonderkonzert am 27. August 2003 war Teil eines Projekttags mit dem Thema »Verfolgung von Kunst und Künstlern im Nationalsozialismus«, der zuvor 1.400 Thüringer Schülerinnen und Schüler in die Gedenkstätte Buchenwald geführt hatte. Der neue Investor hätte Lindenberg für dieses außergewöhnliche Projekt 2004 sogar die obere Etage der Halle zur Verfügung gestellt. Leider fehlte der politische Wille, ein solches Projekt dauerhaft inmitten der ebenso traditionsreichen wie traditionsfixierten Klassikerstadt Wirklichkeit werden zu lassen und im Land zu verorten.